Vergangenheit

Die Bürger­meister­reden

Hamburgs Erste Bürgermeister sprechen vor dem Übersee-Club über die Zukunft der Hansestadt. Das hat gute Tradition – und hätte auch Max Warburg, dem Vordenker des Clubs und leidenschaftlichem Hamburger, bestens gefallen.

Max Warburg

Max Warburg, Gründer des Übersee-Clubs, war deutschlandweit als Finanzexperte und Politiker hochgeschätzt. Er war aber auch Lokalpatriot. Etwas, das er an Hamburg überaus schätzte und das zum anhaltenden Erfolg der Stadt entscheidend beitrug, benannte er wie folgt: „Bei uns bestand von jeher die Einheit wirtschaftlichen und politischen Handelns, dienten dieselben Persönlichkeiten, die in der Wirtschaft führend waren, zugleich dem öffentlichen Wohl.“ Natürlich wusste auch Warburg um eine der größten Stärken der Stadt: den Hafen, der Hamburg „zur wichtigsten Verbindung der heimischen Wirtschaft mit der Weltwirtschaft“ machte. Seit Warburgs Zeiten ist es der Hansestadt weiterhin ausgezeichnet gegangen, sie wächst, prosperiert, ist für Investoren und Unternehmer ebenso attraktiv wie für Bewohner und Besucher. Doch Hamburgs Erfolg beruht auch auf dem Talent, sich frühzeitig für die Zukunft zu rüsten und sich nicht auf seinen Lorbeeren auszuruhen.

Der Gründer des Übersee-Clubs, Max Warburg

Ausblick

Verstehen fördern!

VON KLAUS VON DOHNANYI
Der Gründer des Übersee-Clubs, Max Warburg, betonte schon vor 100 Jahren die bedeutsame Aufgabe des Clubs, mehr wirtschaftliche Kompetenz in der Politik, aber eben auch mehr Verständnis für den politischen Prozess in der Wirtschaft zu ermöglichen; ihm ging es um das ständige Gespräch zwischen beiden Lebensbereichen. Warburg meinte damals: „Viel Unglück“ hätten „die Nur-Politiker an-gerichtet“, aber viel Unglück sei auch dadurch geschehen, dass „die Kaufleute Nur-Kaufleute waren“.
Betrachtet man heute die Herkunft der sogenannten „politischen Klasse“ in Deutschland, so hat die Entfremdung zwischen Wirtschaft und Politik in den letzten 100 Jahren noch einmal erheblich zugenommen. Gespräche sind doch kein Lobbyismus! Nur gemein-sam und im gegenseitigen Verstehen können nämlich auch in unserer Zeit Politik und Wirtschaft erfolgreich sein.

Ein weiteres wichtiges Ziel war damals für Warburg auch, den Freihandel in der Welt wieder zu ermöglichen. Das muss heute wieder eine wichtige wirtschaftspolitische Aufgabe des Übersee-Clubs sein. Denn nicht nur hat die Pandemie die Zuverlässigkeit internationaler Lieferketten infrage gestellt, sondern unter-schiedliche Energiekosten und Sanktionen verzerren immer deutlicher den Wettbewerb. Hier, in der Vereinbarkeit von nationaler Klima-politik und der Bewahrung internationaler Wettbewerbsfähigkeit, liegt heute eine zentrale wirtschaftspolitische Aufgabe, auch für den Übersee-Club.

Gerade für diese Aufgabe sind wir eine wichtige Begegnungsstätte von Wirtschaft und Politik in Deutschland und Europa. Wir müssen nun als Hamburger diese Möglichkeit energisch nutzen. Über 100 Jahre hat unser Club eine erstaunliche Vitalität bewahrt, und so ist er auch heute ein unentbehrliches Forum für das Zusammenwirken von Wirtschaft, Unternehmertum und Politik. Und dafür sind wir alle dankbar.

Klaus von Dohnanyi war von 1981 bis 1988 Hamburgs Erster Bürgermeister. Mitglied im Übersee-Club ist er seit 1982
Klaus von Dohnanyi

Klaus von Dohnanyi, zwischen 1981 und 1988 Hamburgs Erster Bürgermeister, rief am 29. November 1983 vor dem Übersee-Club das „Unternehmen Hamburg“ aus und forderte „eine Politik, die sich ausrichtet auf die Gewinnung kreativer Menschen für Hamburg. Eine Politik, die den Wettbewerb Hamburgs gegenüber anderen Städten auf dem Kontinent, in der Bundesrepublik und in Europa, in allen Bereichen offensiv aufnimmt. (…) Der Eckstein der neuen Hamburg-Politik ist die Umorientierung Hamburgs auf die Konkurrenz mit dem Binnenland, mit den Industriezentren des europäischen Kontinents und mit den kontinentalen Wettbewerbern in der Welt.“

Henning Voscherau

Eine kühne Vision, wie man dem maritim geprägten Stadtbild weiteren Glanz und Zukunftsperspektive verleihen könnte, präsentierte Henning Voscherau. „Entscheiden wir uns nach vier Generationen für die Rückkehr der Stadt an die Elbe!“, rief am 7. Mai 1997 der Erste Bürgermeister den Clubmitgliedern zu. „Nur wenige Städte mit weltweitem Ruf haben die Chance, ihre gewachsene urbane Struktur so einschneidend zu modernisieren, gewachsene Hafenanlagen an Fluss oder Meer – weltweit beachtet – aufzuwerten und die vorhandenen Betriebe und Arbeitsplätze pfleglich zu verlagern. Das unterstreiche ich: pfleglich zu verlagern! Der Strukturwandel bietet uns die Chance dafür.“ Das Vorhaben des Bürgermeisters war nicht weniger als ein großer städtebaulicher Wurf: die HafenCity. „Sie markiert nach hundertjähriger Hafennutzung einen Wendepunkt: Die Vision von der Rückkehr der Innenstadt an das Wasser mit Arbeiten, Freizeit und Wohnen kann Realität werden.“

Politiker mit großen Ideen für Hamburg: der Erste Bürgermeister Henning Voscherau bei einer Rede vor dem Übersee-Club
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Die Vision von der Rückkehr der Innenstadt an das Wasser mit Arbeiten, Freizeit und Wohnen kann Realität werden.

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Henning Voscherau
Der erste Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg
2010 im Übersee-Club: Trumpf-Chefin Nicola Leibinger-Kammüller mit Bürgermeister Ole von Beust (l.) und Clubpräsident Peter von Foerster
Ole von Beust

So wie Voscherau warb auch Ole von Beust in seiner Rede vor dem Club am 22. September 2003 für mehr Selbstverantwortung und Mut zum Handeln: „Verbunden mit einer gewissen Selbstzufriedenheit nach dem Motto: ,Wir sind ja ohnehin das Tor zur Welt, komme, was da wolle‘, hat dies Hamburg im internationalen Wettbewerb der Metropolregionen zurückgeworfen. Ich will, dass mit Vertagungen und Entscheidungsblockaden Schluss ist. Wir können uns dies nicht länger leisten. Wer international und national Profil gewinnen will – und wir müssen das –, braucht hierfür ein Konzept. Unser Konzept heißt: Metropole Hamburg – wachsende Stadt.“ Mit dem „Sprung über die Elbe“ würde es seinen Ausdruck im Stadtbild finden: im Rahmen einer 2007 beginnenden Internationalen Bauausstellung.

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Unser Konzept heißt: Metropole Hamburg – wachsende Stadt

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Ole von Beust
Bürgermeister
Olaf Scholz

Zehn Jahre später befand Olaf Scholz in seiner Rede zu den Herausforderungen, die auf eine wachsende Stadt wie Hamburg zukommen: „Unsere besten Jahre liegen vor uns. Natürlich besitzt Hamburg eine große, beinahe Ehrfurcht gebietende Vergangenheit. Natürlich erlebt Hamburg eine kraftvolle Gegenwart. Aber das ist kein Grund, sich zurückzulehnen. Das muss vielmehr ein Ansporn sei. Es zeigt, dass wir alle Voraussetzungen haben, um weiterhin zu neuen Ufern aufzubrechen und nach dem besseren Morgen zu streben. Hamburgs Sinn liegt in der Zukunft. Das gilt, ganz unabhängig davon, wie gut uns die Gegenwart schon gefällt. Hamburg hat nicht das Ende seiner Geschichte erreicht. Es gibt keinen Zustand, der es uns erlauben würde, uns gemütlich einzurichten und bloß noch das Bestehende schöner zu machen.“

Einsatz ür die Vernetzung von Wissenschaft und Wirtschaft: Erster Bürgermeister Olaf Scholz 2017 im Auditorium der Bucerius Law School
Erster Bürgermeister der Freien und Hansestadt Hamburg, Dr. Peter Tschentscher
Peter Tschentscher

Auch sein Nachfolger als Erster Bürgermeister, Peter Tschentscher, sprach in seiner Rede 2019 von der Aufgabe, sich in einer Welt im Wandel zu positionieren: „Hamburg wird stark und attraktiv bleiben, wenn wir uns weiterhin auf die globalen Trends einstellen und die richtigen Entscheidungen treffen für eine neue Industriepolitik mit innovativen Technologien für wirksamen Klimaschutz.“

Bildnachweis: iStockphoto, Archiv Übersee-Club (2), Fotoatelier Dedic, Krafft Angerer, Staatskanzlei / Ronald Sawatzki

Einblicke in die Übersee-Club-Geschichte

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